Film und Gespräch: "The Halfmoon Files"

"Es war einmal ein Mann.
Er geriet in den europäischen Krieg.
Deutschland nahm diesen Mann gefangen.
Er möchte nach Indien zurückkehren.
Wenn Gott gnädig ist, wird er bald Frieden machen.
Dann wird dieser Mann von hier fortgehen."

Knisternd verklingen die Worte von Mall Singh, gesprochen in einen Phonographentrichter am 11. Dezember
1916 in der Stadt Wünsdorf bei Berlin. 90 Jahre später ist Mall Singh eine Nummer auf einer
alten Schellackplatte in einem Archiv, eine unter Hunderten von Stimmen von Kolonialsoldaten des
Ersten Weltkrieges. Die Aufnahmen entstanden in einer einmaligen Allianz aus Militär, Wissenschaft und
Unterhaltungsindustrie. Philip Scheffner folgt in seiner experimentellen Spurensuche "The Halfmoon
Files" diesen Stimmen an den Ort ihrer Aufnahme. Wie in einem Memoryspiel, das bis zum Ende
unvollständig bleibt, deckt er Bilder und Töne auf, in denen die Geister der Vergangenheit zum Leben
erwachen. Spiralförmig schrauben sich die Worte seiner Protagonisten ineinander. Diejenigen, die den
Aufnahmeknopf drückten an ihren Phonographen, an ihren Foto- und Filmkameras, haben die offizielle
Geschichte geschrieben. Mall Singh und die anderen Kriegsgefangenen aus dem Halbmondlager sind
aus dieser Geschichte verschwunden. Ihre Geister scheinen mit dem Filmemacher zu spielen, ihm
aufzulauern. Sie folgen ihm auf seinem Weg, die Stimmen in ihre Heimat zurückzubringen. Doch die
Handlung der Geschichte entgleitet dem Erzähler. Und die Geister lassen sich nicht vertreiben….

Im Anschluss an die Filmpräsentation Gespräch mit PD. Dr. Britta Lange und Philip Scheffner
(angefragt)

Moderation: Dr. Christine Glauning

PD Dr. Britta Lange ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-
Universität zu Berlin. Sie habilitierte über "Gefangene Stimmen. Tonaufnahmen von Kriegsgefangenen
im Deutschen Reich, 1915-1918", die heute im Lautarchiv der Humboldt-Universität aufbewahrt werden.
Gemeinsam mit Philip Scheffner hat sie 2007 die Sound-Installation "The Making of ... Ghosts"
erarbeitet, die im Gedenkjahr 2014 in Berlin und Prag zu sehen ist.

Philip Scheffner lebt und arbeitet als Filmemacher, Video- und Sound-Künstler seit 1986 in Berlin. Von
1991─1999 war er Mitglied der Berliner Autorengruppe und Produktionsfirma "dogfilm". Sein Film „The
Halfmoon Files“ lief 2007 auf der Berlinale. http://halfmoonfiles.de

Dr. Christine Glauning ist Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit.


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